Über die Autorin Prof. Pasqualina Perrig-Chiello

Die Psychologin Frau Pasqualina Perrig-Chiello ist emeritierte Professorin der Uni Bern und Präsidentin der dortigen Seniorenuniversität. Sie untersucht, weshalb viele langjährige Partnerschaften zerbrechen und andere nicht. Wissenschaftlich unterlegte Antworten auf oft gestellte Fragen, die auch für die Finanzplanung und Kundenberatung relevant sind.

Buchkritik und Zusammenfassung

Die Schweiz hat nicht nur die höchste Lebenserwartung, sondern auch eine der höchsten Scheidungsraten in Europa. Zwar bleibe die Mehrheit der Paare zusammen, meint die Autorin, doch seien die Ansprüche an die Ehe gestiegen und einige Funktionen der Interessen- und Zweckgemeinschaft seien verloren gegangen.

Gibt es ein Rezept für eine lange Ehe oder ist alles Glückssache?

Im Teil I geht sie auf die «kritische Zeit» (Alter von 45-50 Jahren) ein, wenn der Tiefpunkt der Lebenszufriedenheitskurve erreicht und die Burnout-Rate am höchsten ist. Im Teil II listet sie empirische Erkenntnisse über «Brüche nach langjähriger Partnerschaft» auf und beleuchtet im Teil III, was eine glückliche überdauernde Partnerschaft ausmacht.

Die Scheidungsziffer hat sich in der Schweiz von 15% (1970) auf 43% erhöht, wobei ab 1990 ein Trend erkennbar ist, dass vor allem langjährige Ehen scheidungsanfällig geworden sind

(Single-Haushalte sind seit 1990 die am meisten verbreitete Wohnform).

Auch heute suchten die meisten Menschen primär einen exklusiven Partner, so die Autorin, wobei zentrale Aspekte emotionale und soziale Bedürfnisse seien: Nähe und Familienklima (Wärme, Achtsamkeit, Respekt), Bindung und Fürsorge (Sicherheit, Akzeptanz), Kommunikation, Gemeinsamkeit, Gegenseitigkeit, Dauerhaftigkeit und Zugehörigkeitsgefühl.

Man spüre eine tiefe Sehnsucht nach Romantik in einer sehr unromantischen Zeit…!

Liebe wird gemäss aktuellen Forschungsergebnissen über Leidenschaft, Intimität und Verbindlichkeit definiert. Männer seien stärker partnerschaftsorientiert. Der Anteil allein lebender Frauen sei mit zunehmendem Alter massiv höher als bei den Männern.

Sie geht auf das «Realitätstraining» ein (wenn die Liebe auf ihre Alltagstauglichkeit getestet wird, Routine einkehrt und Interessenkonflikte entstehen) und untersucht auch das Phänomen «Grey divorce» (häufigstes Scheidungsalter bei Männern 50, bei Frauen 48).

Zwar seien Scheidungen innert der ersten 5 Jahre über Jahrzehnte stabil bei ca. 8% geblieben. Aber nach 30 Ehejahren stehen wir heute bei 40%. Sie begründet den Trend, dass der Vorteil einer langjährigen Beziehung wie tiefe Verbundenheit, gemeinsame Projekte und geteilte Erinnerungen an Bedeutung verliere und wachsende emotionale Distanz, zunehmende Enttäuschung, mangelndes gegenseitiges Verständnis und Vertrauen– mit einer finanziellen Unabhängigkeit – dazu führe, dass die biografische Neuorientierung an Attraktivität gewinne. Nach einer Scheidung seien Männer doppelt so häufig wie Frauen wieder in einer neuen Beziehung.

Interessant in dem Zusammenhang ist auch, dass Beziehungsprobleme oft negativ assoziiert seien mit schlechter Gesundheit, geringerer Lebenserwartung und vermehrt depressiven Symptomen. Das Sprichwort «Meglio soli che mal accompagnati» hat also durchaus seine Berechtigung (Lieber allein als in schlechter Begleitung). Studien zeigen auch, dass Geschiedene im Vergleich zu unglücklich Verheirateten insgesamt glücklicher sind. Trotzdem bleiben viele zusammen, sei es aus Gewohnheit und Bequemlichkeit oder aus verschiedenen Ängsten (Alleinsein, Veränderung, Verlust an Sozialprestige und sozialer Sicherheit, Besitz). Häufig sei auch, dass die Partner nicht miteinander, aber auch nicht ohne einander können, so vermutet die Autorin.

Wieviel Glück ist für ein langes Eheglück nötig und wieviel ist Beziehungsarbeit?

Die Autorin nennt Gründe, um die Gratwanderung zwischen Nehmen und Geben und zwischen Nähe und Abgrenzung langfristig zu bestehen:

  • Ambivalenz sind die Regel, nicht die Ausnahme,
  • Partnerschaftszufriedenheit ist stetiger, dynamischer Prozess ohne Garantie
  • Offene, vertrauensvolle Kommunikation über Bedürfnisse notwendig
  • Marriage gets worse before it gets better

 

Insgesamt ein sehr interessantes Buch, das einem wichtige Erkenntnisse, psychologische Gründe und statistische Studienresultate vermittelt. Alles wird umfassend aufgearbeitet, mit Ausnahme von finanziellen und rechtlichen Fragen. Weil Scheidungen in 40% der Fälle auftreten, wird man in der Beratung früher oder später damit konfrontiert. Und wer nicht aus eigener Erfahrung mitreden kann, tut gut daran, das Buch von Frau Perrig-Chiello zu lesen.

Glücklich, wer mit den Verhältnissen zu brechen versteht, ehe sie ihn gebrochen haben. (Franz Liszt)

© Reto Spring
Dipl. Finanzplanungsexperte NDS HF, CFP®
Präsident Finanzplaner Verband Schweiz, Zürich

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