Von einem Wochenaufenthalter-Status wird gesprochen, wenn der Arbeitsort und der Wohnort der Familie auseinanderfallen. Die Frage nach dem steuerrechtlichen Wohnsitz stellt sich bei unselbstständig Erwerbenden regelmässig: Erfolgt die Besteuerung am Wohnort der Familie oder am Arbeitsort?

Steuerrechtlicher Wohnsitz

In der Taxinfo der Steuerverwaltung des Kantons Bern ist der steuerrechtliche Wohnsitz wie folgt beschrieben:

Der steuerrechtliche Wohnsitz einer Person befindet sich an jenem Ort, an dem sie sich mit der Absicht des dauernden Verbleibens aufhält. Hält sie sich abwechslungsweise an zwei oder mehreren Orten auf, befindet sich der steuerrechtliche Wohnsitz an jenem Ort, zu dem die stärksten Beziehungen bestehen. Man spricht vom sogenannten Lebensmittelpunkt. Der Lebensmittelpunkt bestimmt sich nach der Gesamtheit der objektiven, äusseren Umstände, aus denen sich die persönlichen und wirtschaftlichen Interessen einer Person erkennen lassen. Der Lebensmittelpunkt bestimmt sich nicht nach den bloss erklärten Wünschen oder den gefühlsmässigen Bevorzugungen der steuerpflichtigen Person. Auch auf die formellen Momente, wie die Schriftenhinterlage, die An- oder Abmeldung, kommt es nicht an. Der steuerrechtliche Wohnsitz ist insofern nicht frei wählbar. Am steuerrechtlichen Wohnsitz besteht eine unbeschränkte Steuerpflicht. Steuerbar sind alle Einkünfte und Vermögenswerte, die nicht infolge “wirtschaftlicher Zugehörigkeit” (wie z.B. Liegenschaften oder Geschäftsbetriebe) an einem anderen Ort steuerpflichtig sind.

Steuerrechtlicher Wohnsitz bei Wochenaufenthalter

Für die Steuerbehörden macht es einen Unterschied, ob ein Wochenaufenthalter alleinstehend oder verheiratet ist.
Denkbar sind ja auch unterschiedliche Situationen:

  • Ein 20-jähriger studiert an der EPFL (technische Hochschule in Lausanne) und reist an den Wochenenden zu seinen Eltern, welche in Solothurn wohnen.
  • Eine 33-jährige alleinstehende Frau arbeitet in Genf am Flughafen, reist aber regelmässig zu ihrer Familie und ihren Freunden nach Luzern.
  • Ein 40-jähriger Familienvater wohnt unter der Woche in Zürich, reist an den Wochenenden aber regelmässig zur Familie nach Freiburg.

Bei all diesen Fällen stellt sich die Frage der Steueransässigkeit. Hält sich ein Ehegatte während der Woche als Wochenaufenthalter am Arbeitsort und an den Wochenenden am Familienort auf, so gilt der Familienort als steuerrechtlicher Wohnsitz für beide Ehegatten. Der 40-jährige Familienvater wird also in Freiburg besteuert. Diese Betrachtung gilt grundsätzlich auch für Konkubinatspaare. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts besteht eine natürliche Vermutung, dass sich der Lebensmittelpunkt beim Wochenaufenthalt von alleinstehenden Personen am Arbeitsort befindet. Als Arbeitsort gilt dabei der Ort, wo die Person während der Woche übernachtet, um von dort aus zur Arbeit zu gehen. Diese Vermutung kann die steuerpflichtige Person entkräften, indem sie nachweist, dass sie an ihren arbeitsfreien Tagen (Wochenenden, Ferien) regelmässig an den Familienort zurückkehrt und dort besonders enge familiäre und gesellschaftliche Beziehungen pflegt. Die beiden ersten Fälle sind also nicht so klar.

Das aktuelle Bundesgerichtsurteil

Im Entscheid vom 27. Dezember 2021 hat sich das Bundesgericht mit der Frage auseinandergesetzt, unter welchen Umständen ein als Wochenaufenthalter gemeldeter Unselbstständigerwerbender seinen steuerrechtlichen Wohnsitz am Arbeitsort begründet. Im Grunde hat das Bundesgericht frühere Urteile bestätigt. Bei Alleinstehenden ist als Lebensmittelpunkt vom Arbeitsort auszugehen. Ausnahmen können sich ergeben, wenn am ursprünglichen Wohnort eine sehr hohe Bindung besteht. Alleinstehende Wochenaufenthalter über 30 Jahre sind grundsätzlich an ihrem Arbeitsort steuerpflichtig, selbst wenn das Gericht davon überzeugt ist, dass die gesellschaftlichen Beziehungen am Familienort deutlich stärker sind und die regelmässige Rückkehr an den Familienort unbestritten ist.

Artikel mit freundlicher Genehmigung von Mendo AG

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