Zum Autor Gerd Kommer

Gerd Kommer ist als unabhängiger Finanzbuch-Autor eine bekannte Grösse. Was ihn auszeichnet ist seine Expertise, die gründliche wissenschaftliche Aufarbeitung und die Übersicht über die aktuelle (auch englischsprachige) Literatur. Darüber hinaus nimmt er kein Blatt vor den Mund, die Übel beim Namen zu nennen – leider gibt es immer noch zu viele schlechte, zu teure und zu riskante Finanzprodukte und ungelöste Anreizsysteme, sie zu verkaufen. Kommer ist sozusagen ein «Don Quijote im Kampf gegen die Finanzpornografie».

Buchkritik und Zusammenfassung

Das neueste Werk von Kommer will vor allem die Anlagephase vor und im Ruhestand detaillierter beleuchten. Die Grundlagen des passiven Investierens werden hier nur kurz beleuchtet, dafür widmet sich das Buch spezifischen Fragen, die für angehende Pensionäre wichtig sind. Zum Beispiel das auch unter Finanzplanern noch ungenügend bekannte «Renditereihenfolgerisiko» (Sequence-of-Returns Risk): Sofern ein Geldbetrag über eine bestimmte Dauer angelegt wird und keine Nachinvestitionen und Entnahmen getätigt werden, ist es gleich null, also vernachlässigbar. Aus der Praxis wissen wir, dass fast jedes Portfolio eine Aufbauphase kennt, in der zusätzlich gespart wird und eine Verbrauchsphase des «Entsparens», typischerweise wenn ein Pensionär auch vom Vermögensverzehr lebt. Gerade in dieser Zeit übt die spezifische Reihenfolge von einzelnen Jahresrenditen einen erheblichen Einfluss auf die Rendite (genauer: «interner Zinsfuss») aus. Die Kenntnis dieser Tatsache und die Konsequenzen für die Pensionsplanung sind entscheidend, um die Fragen «Reicht mein Geld?» oder «Welchen Lebensstandard kann ich mir leisten?» konzis zu beantworten.

Kommer führt einen weiteren häufig zu beobachtenden Fehler auf: In vielen Pensionsplanungen wird eine mittlere Restlebenserwartung zu Grunde gelegt, obwohl der Pensionär mit einer statistischen Wahrscheinlichkeit von 50% älter wird als der Durchschnitt! Er schlägt vor, das «Langleberisiko» auf 10% zu begrenzen, also das Endalter nicht beim Median festzulegen sondern das 90.Perzentil als Massstab zu nehmen.

Risiken lauern auch dort, wo man sie nicht vermutet, etwa bei grossen Bankguthaben. Kommer sagt, sie seien ökonomisch betrachtet ein «unbesicherter Kredit an ein hoch verschuldetes Unternehmen» (Banken sind meist über 90% fremdkapitalisiert). Klartext redet Kommer – wie gewohnt – auch bezüglich «Themenfonds»: «Diese richten sich an naive Anleger – naiv, weil sie glauben, die Zukunft sei verlässlich prognostizierbar, und naiv, weil sie glauben, dass dem Thema zugrundeliegende Erkenntnisse noch nicht eingepreist seien».

Bezogen auf den Schweizer Markt spart das Buch mit Detailkenntnis. So impliziert der Hinweis, in der Schweiz gäbe es keine staatliche Einlagensicherung auf Bundesebene, dass der EU-Standard höher sei. Dass die esisuisse im Auftrag der FINMA handelt und dafür alle Banken haften, ist nicht nur eine akademische Fussnote, sondern vielleicht sogar noch sicherer als das Finanzamt eines überschuldeten EU-Landes. Auch die Aussagen zu Erbschaftssteuern in der Schweiz tragen eher zur Verwirrung bei (Ehegatten & eingetragene Partner sind in allen Kantonen steuerfrei, Nachkommen werden allenfalls minimal belastet in den Kantonen AI, LU, NE, SO und VD).

Gerd Kommer gelingt es mit diesem Buch eine Lücke zu schliessen und das Augenmerk auf ein paar Fragestellungen zu richten, die speziell für den dritten Lebensabschnitt relevant sind. In gewissen Bereichen wünscht man sich eine Konzentration aufs Wesentliche (Ordertypen von Wertpapieren ist überflüssig) oder eine Fokussierung, welche Auswirkungen eine falsch getroffene Annahme bei der Pensionsplanung haben kann. Wie immer ergänzt der Autor sein Buch mit einer gutsortierten und aktuellen Bibliographie. Dieses Buch trägt dazu bei, die Ruhestandsplanung ehrlicher, realistischer und sicherer zu machen.

Oder mit den Worten von Julian Assange: «You have to start with the truth. The truth is the only way that we can get anywhere. Because any decision-making that is based upon lies or ignorance can’t lead to a good conclusion».

© Reto Spring
Dipl. Finanzplanungsexperte NDS HF, CFP®
Präsident Finanzplaner Verband Schweiz, Zürich

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