Zum Autor Prof. Hartmut Walz
Prof. Dr. Hartmut Walz ist Finanzexperte und Verhaltensökonom und lehrt an der Hochschule für Wirtschaft und Gesellschaft Ludwigshafen. Er ist Autor vieler Sachbücher und betreibt auch einen Finanzblog und YouTube-Kanal. Der vorliegende Ratgeber soll Vielbeschäftigten bei Finanzentscheidungen helfen.
Buchkritik und Zusammenfassung
Kann ein Taschen-Guide (252 Seiten) alle Fragen beantworten wie: Was man wissen muss, welche 10 Produkte man vermeiden soll, wie man einen seriösen Berater findet und wie man erfolgreich durch die Nullzins-Welt kommt? Der Taschen-Guide richtet sich also nicht an ein Fachpublikum, sondern an den Endverbraucher. Walt sieht sich also als Konsumenten-Aufklärer und legt einen strengen Massstab an die Kostenstruktur von Finanzprodukten und die Interessenkonflikte, die bei deren Vertrieb auftreten. «Jeder der kostenlos berät ist ein Verkäufer» (Michael Ritzau). Honorarberater ausgenommen, nennt Walz daher alle «Finanzprodukteverkäufer» (FPV).
Ein Problem ist der Übergang von fachlicher Information zu interessengeleiteter Werbung: «Informationsbeschaffung im Internet ist wie Trinken aus einem Feuerwehrschlauch. Man kann dabei sehr nass werden und am Ende doch durstig bleiben», sagt er treffend.
Fast alle gängigen Produkte werden mit «zu vermeiden» klassifiziert, da sie mangelnde Transparenz und ein ungünstiges Verhältnis von Chancen und Risiken aufweisen. Zwar beleuchtet Walz den deutschen Markt – aber für die Schweiz dürfte seine Analyse noch fataler ausfallen, weil das Kosten-Bewusstsein weniger ausgeprägt ist und es noch keine Netto-Policen und nur sehr wenige Honorarberater gibt. Wirklich Neues liest man nicht, aber Walz bringt es kurz und knackig auf den Punkt: «Alle Fonds zusammen ergeben die Marktrendite – bei den aktiven Fonds wird diese jedoch im Vergleich zu den passiven Fonds durch die höheren Kosten geschmälert».
Zu den wenigen empfehlenswerten Produkten zählt er Aktien-ETFs und Indexfonds. Seiner Meinung nach werden vom Durchschnittsanleger bei Immobilieninvestments die Attraktivität über- und die Risiken unterschätzt. Fast noch schwieriger als sinnvolle Anlage- und Vorsorge-Produkte zu finden, ist es einen «einkaufsorientierten Berater» ausfindig zu machen, das heisst jemand, der nicht nur kompetent und ehrlich ist, sondern auch auf der Seite des Kunden steht. Er hält fest, dass provisionsfinanzierte Beratung zu erheblich mehr und stärkeren Interessenkonflikten führt als Beratung auf Honorarbasis. Als ehemaliger Bankkaufmann sagt der Autor, dass «auch die «Finanzberatung» bei Banken in Wahrheit ein reiner Ausschliesslichkeitsvertrieb sei». Und er sieht in diesem Bereich schon in naher Zukunft «erdrutschartige Veränderungen»…
Nicht alles ist eins zu eins auf die schweizerischen Verhältnisse übertragbar, aber die Einschätzungen von Walz zeigen klar auf, dass die Finanzbranche einen grossen Nachholbedarf hat und sich Berater besser früher als später mit den anstehenden Veränderungsprozessen befassen sollen.
© Reto Spring
Dipl. Finanzplanungsexperte NDS HF, CFP®
Präsident Finanzplaner Verband Schweiz, Zürich
Kommentar hinzufügen