Zum Autor Peter Krauss
Peter Krauss ist CFP, Dozent für Finanzplanung und hat als Herausgeber dieses Buches Beiträge verschiedener Autoren zusammengetragen, welche die Vorgehensweise im Beratungsprozess und die diversen Ausprägungen von Financial Planning (FP) thematisieren. Alle Autoren – Geschäftsführer, Bereichsleiter, Berater und Dozenten – sind namhafte Finanzplaner und anerkannte Experten. Das Buch erschien erstmals 2003, wurde 2012 neu aufgelegt und ist immer noch erstaunlich aktuell!
Buchkritik und Zusammenfassung
Die 300 Seiten beinhalten: Management des FP-Prozesses – Strategie und Taktik in der Vermögensberatung – Change Management – FP im Private Banking – FP im Retail Banking – CRM – Kundenmanagement im FP – FP in der Versicherungswirtschaft – FP im Affluent-Banking-Bereich.
Funktion, Positionierung und Umfang von FP werden sehr unterschiedlich interpretiert. Zwischen dem Anspruch an eine ganzheitliche Finanzplanung und der Praxis bestehen grosse Diskrepanzen – damals wie heute! Wird das FP als Vertriebs-Tool eingesetzt, so sollen damit die Kundenzufriedenheit und -Loyalität erhöht werden. Viele Banken und Versicherungen sehen FP nicht als Produkt, sondern als Teil ihrer Dienstleistung, wobei die Nachteile in Kauf genommen werden: produkt- und margen-orientiert, isoliert, weder unabhängig noch neutral. Der Kunde bekommt Produkte statt Lösungen.
In einem Beitrag wird auf die Honorarberatung eingegangen, die Vorteile bei Glaubwürdigkeit, Neutralität und Produkt-Auswahl versprechen. Dem Mandanten wird – entsprechend seiner Interessenlage – Zeit und Knowhow verkauft, zu einem „fairen Preis“, entweder nach Stundenansatz oder Pauschalhonorar. Was sich durchsetzen wird, hängt ab vom Kundensegment, der Positionierung der Dienstleistung und vom Regulator. Vergleicht man den Beratungsansatz, gibt es folgende Ausprägungen:
- Produkt-orientiert – (Absatzkanal bei Banken, Versicherungen)
- Problem-orientiert – (Paketlösungen für breite Retail-Zielgruppen wie bei AWD, SLS, OVB)
- Zielgruppen-orientiert: (Weiterentwicklung der problem-orientierten Lösung wie bei MLP)
- Individuell-bedarfsorientiert (kleinere Anbieter)
Die verschiedenen Rollen des FP werden thematisiert (Generalist, Treuhänder, Berater, Analytiker, Coach, Diagnostiker, Mediator, Koordinator, Verwalter), auf die Digitalisierung wurde damals noch nicht gross eingegangen. Die Qualität der Mitarbeiter wird als entscheidend angesehen, wobei die Einschätzung des Beratungsbedarfes und der -Intensität als die „grosse Kunst“ angesehen wird. Dabei mache die Kundensegmentierung nach Beratungsbedarf mehr Sinn, als wenn nur Kennzahlen zu Einkommen und freiem Vermögen herbeigezogen werden. Ein Fazit: je kleiner die bei der Beratung generierten Umsätze sind, desto nötiger die technische Unterstützung, um die erforderlichen Deckungsbeiträge zu realisieren. Am effizientesten seien daher die Retail-Finanzdienstleister (SLS!) – am anderen Ende liegen die Privatbanken.
Eine Erkenntnis aus dem Private Banking: Der Affluent Bereich liefert zwar mehr als die Hälfte des Gesamtertrages im Privatkundengeschäft, aber die Art und Qualität der Beratung wird von den Kunden noch nicht als zufriedenstellend erachtet. Und obwohl die umfassende Kundenkenntnis als grosser Vorteil des FP angesehen wird, werden erstaunlicherweise immer noch viele stand-alone IT-Lösungen eingesetzt, die proprietäre Datenformate nutzen und somit eine weitere Verwendung oder Auswertung erschweren.
So konstatieren wir heute: es hat sich (noch) nicht viel verändert – entweder ist der Leidensdruck noch nicht gross genug oder es bereitet der Branche Mühe, den Strategiewechsel zu vollziehen und die Mitarbeiter entsprechend zu qualifizieren. Vorteil für die unabhängigen, ganzheitlich beratenden Finanzplaner!
© Reto Spring
Dipl. Finanzplanungsexperte NDS HF, CFP®
Präsident Finanzplaner Verband Schweiz, Zürich
Kommentar hinzufügen