Zur Autorin Dr. Kerstin Aust
Frau Kerstin Aust (Jg 1979), Rechtsanwältin aus München, hat ihre Dissertation der Uni Konstanz in Buchform gegossen und liefert damit einen aktuellen Vergleich der Regelungen in 47 Staaten, wie sich die rechtliche Stellung von Kuckuckskindern präsentiert. Ein Kuckuckskind hat nämlich drei Eltern: Neben der Mutter einen biologischen Vater und einen rechtlichen Vater (sog. «Scheinvater»).
Buchkritik und Zusammenfassung
Die Beratung von Patchwork-Familien ist für Finanzplaner heutzutage schon «daily business» – wer weiss aber schon um die erb- und vorsorgerechtlichen Unterschiede zwischen biologischem und rechtlichem Vater Bescheid? Wer sich an ein juristisches Fachbuch herantraut, wird mit dieser Abhandlung nicht enttäuscht werden – auch wenn die Fachsprache etwas gewöhnungsbedürftig ist, so wird kaum ein Aspekt unbeachtet, kaum eine Frage unbeantwortet bleiben.
Das Buch ist sehr systematisch aufgebaut, erklärt Begriffe wie «Vaterschaft kraft Anerkennung oder gerichtlicher Feststellung» und weist auf die nationalen Unterschiede hin. So kann der biologische Vater das Kind vorgeburtlich anerkannt und die Mutter der Anerkennung zugestimmt haben. Wenn die Mutter während der Schwangerschaft einen andern heiratet, wird der Ehemann der rechtliche Vater – die Vaterschaft kraft Ehe geht der Vaterschaft kraft Anerkennung vor. In der Schweiz kann die Vaterschaft kraft Ehe sogar nur durch den Ehemann und das Kind angefochten werden (Vaterschaft kraft Anerkennung kann von jedermann mit berechtigten Interessen angefochten werden). Das kann zu seltsamen Entwicklungen führen wie im folgenden Beispiel: Die Frau eines getrennt lebenden Ehepaars wird von ihrem neuen Lebenspartner schwanger. Das Kind wird aber in eine bestehende Ehe geboren und die Eheleute versöhnen sich wieder. Der leibliche Vater hat kein Recht, die Vaterschaft kraft Ehe anzufechten (BGE 108).
Fragen zur Vaterschaft, zur Erbfolge und dem Vorsorgerecht wie auch zur Pflicht für Unterhalt und Sorgerecht werden umfassend erörtert und mit aktuellen Urteilen exemplarisch ausgeführt. Dabei geizt Frau Aust nicht mit Kritik an der bestehenden Gesetzgebung und ungelösten Fragen: «Eine Frau würde es auch nicht hinnehmen, wenn ihr Kind im Krankenhaus vertauscht wurde, und die gelebte soziale Wirklichkeit als vorrangig betrachten. Man würde alles unternehmen, um die rechtlichen, biologischen und sozialen Beziehungen in Einklang zu bringen. Einem Mann wird das erheblich erschwert, wenn nicht gar unmöglich gemacht.» Indem eine Frau fremdgeht und ihrem Partner ein Kind «unterschiebt», bestimmt sie sozusagen den «Wunschvater» – mit welchem Recht, fragt Frau Aust zu Recht. So plädiert sie für Reformen, fordert einen Verzicht für die Anfechtungsfrist (in der Schweiz: innert eines Jahres) oder die Zulassung von Vaterschaftstests. Dabei lässt sie sich vom Kindswohl und den veränderten gesellschaftlichen Verhältnissen leiten und verweist auf Länder mit «fortschrittlichen Gesetzgebungen». Eine Lektüre für nicht alltägliche Fragestellungen mit positivem Erkenntnisgewinn und finanzplanerischem Praxisbezug – eine klare Empfehlung für Profis!
© Reto Spring
Dipl. Finanzplanungsexperte NDS HF, CFP®
Präsident Finanzplaner Verband Schweiz, Zürich
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