Zum Autor Dr. Michael Ritzau

Der Autor Dr. rer. nat. Michael Ritzau, Anlagespezialist und Honorarberater aus Süddeutschland, nimmt kein Blatt vor den Mund: im Stil des aufdeckenden Service-Journalisten entlarvt er die Fonds- und VV-Industrie als Marketingmaschine. Was ist davon zu halten?

Buchkritik und Zusammenfassung

Ritzau beginnt mit der Frage, ob der Blick in den Rückspiegel sinnvoll sei, um die Zukunft vorherzusagen. Sämtliche kommerziellen Fondsratinggesellschaften (Morningstar, Feri, Lipper etc.) listen aktiv gemanagte Fonds aufgrund von Vergangenheitsperformances, erteilen ca. 30-40% davon ein Top-Rating und verteilen eine Unmenge an Auszeichnungen für bestimmte Anlagekategorien/Zeiträume. Gemäss den Rating-Agenturen soll das «System den Anlegern und Beratern als Hilfsmittel zur Entscheidungsfindung bei der Auswahl von Investmentfonds dienen». Nach Ansicht des Autors sei «Investieren in aktiv gemanagte Fonds ein Rezept zum Geldverbrennen». Was stimmt nun? Ist das alles nur ein Marketing-Game?

Der Autor untersucht zunächst die Kostenseite: Die wenigsten Kunden wissen, dass die «kostenlose Beratung» mit einer jährlichen «Bestandesprovision» von ca. 0,6% des angelegten Betrages subventioniert wird. Der Vertrieb wird auf aktiv gemanagte Fonds konzentriert, weil da mehr Ertrag winkt als mit passiven. «Index- Hugger» (index-nahe Fonds mit sehr tiefem Tracking Error) seien ein «Etikettenschwindel», so der Autor.

Die Kosten werden in gewissen Fällen noch weiter auf die Spitze getrieben. Mischfonds seien im Schnitt 0,3- 0,4% teurer als sie vom Inhalt sein müssten. Fondsbasierte Versicherungen haben typischerweise eine Kostenstruktur von ca. 2-5% für den Ausgabeaufschlag der Fonds, 5% Abschlusskosten der Versicherung, ca. 0,5 – 2% laufende Fondskosten und nochmals ca. 3% laufende Versicherungskosten…

Die besten aktiv gemanagten Aktien-Fonds «verlieren» pro Jahr «nur» 0,5% zum Benchmark, die meisten bis 2% pro Jahr. Auch bei Kosten ergibt sich ein Zinseszinseffekt… und nach 10 Jahren gibt es die Hälfte aller Fonds nicht mehr, da sie aufgrund schlechter Wertentwicklung geschlossen oder fusioniert werden.

Diese Aussagen sind evident und es gibt Dutzende Studien, die das für alle Märkte und Anlageklassen belegen. Leider ist auch eine Auswahl der einzelnen wenigen, die es hin und wieder schaffen, den Markt zu schlagen, unmöglich, da zu viel von zufälligen Erfolgen abhängt. Selbst in Krisen haben die aktiven Fondsmanager schlechter abgeschnitten als der Benchmark, obwohl das oft als Verkaufsargument genutzt wird.

Die mediale Berichterstattung über Fonds findet Ritzau ebenfalls problematisch, da interessengesteuert (Inserate!). Objektive Experten ohne Eigeninteresse gäbe es selten. Der Autor stellt die Frage, weshalb wir so leicht Opfer der grossen Fondslüge werden. Ein wichtiger Punkt sei die fehlende Finanzausbildung in den Lehrplänen unserer Schulen und dass wir grosse Probleme bekunden, den Zufall als Erklärung zu akzeptieren. Wir seien darauf «programmiert», nach Erklärungen zu suchen und Zusammenhänge herzustellen, so der Autor. Daher würden viele Menschen auch versteckten Scheinkorrelationen auf den Leim gehen. Die Fakten zeigen hingegen, dass über 95% aller aktiv gemanagten Aktienfonds mehrere Prozent pro Jahr hinter dem Benchmark liegen, weil die Fondsmanager durch schlechte Auswahl, unvorteilhaftes Timing und wegen hoher Handlungskosten Geld verjubeln, so der Autor. Die Wissenschaft sagt seit Jahren, es sei unmöglich, Top- Fondsmanager, die fähig sind, den Index zu schlagen, von ihren Kollegen zu unterscheiden, die einfach nur Glück hatten. Nur 3%-10% aller aktiv gemanagten Fonds sind so gut, dass sie ihre Kosten wieder einspielen. Tiefe Gebühren seien das einzige verlässliche Kriterium, um Fondsergebnissen vorherzusagen: je tiefer die Kosten, desto besser die Performance!

Interviews mit den Wirtschaftswissenschaftern und Nobelpreisträgern Eugene F. Fama und William F. Sharpe runden das gut recherchierte Buch ab und bestätigen – quasi von höchster Seite – die Aussage des Autors.

Dass Banken und Sparkassen ihre Kunden mit der Fondslüge veräppeln, hat der Autor noch geschluckt. Dass aber «Verbraucherschützer» wie die Stiftung warentest / finanztest sich auch an diesem Marketinggame beteiligen, ist für ihn starker Tobak: er widerlegt den Sinn aller Empfehlungen von Finanztest und entsprechend kritisiert er mit Konfuzius: «Wer einen Fehler gemacht hat und ihn nicht korrigiert, begeht einen zweiten».

Auch die Cracks der Branche kriegen ihr Fett weg…Sowohl die Granden wie Kaldemorgen und ähnliche Koryphäen als auch die grössten Publikumsfonds in Deutschland (Carmignac Patrimoine, DWS Vermögensbildungsfonds I etc.) werden entlarvt, indem Ritzau aufzeigt, wie mit den Gewinnerfonds von gestern laufend Geld vernichtet wird. Empfehlung des Autors: Tiefe Kosten, hohe Diversifikation, Börsennachrichten ignorieren, langfristig investieren statt kurzfristig spekulieren!

Was ist nun von der «Fondslüge» zu halten? Ganz offensichtlich ist für den Autor «Beraten» gut und «Verkaufen» schlecht. Dass Kunden auch kaufen wollen und dass eine Dienstleistung immer etwas kostet, wird nicht thematisiert. Ob der Ruf nach dem Regulator und nach einem Provisionsverbot wirklich hilft, ist umstritten. Ketzerische Frage: Wäre es möglich, dass ein Kunde, der sich keinen Honorarberater für 200.- CHF/Stunde leisten kann, mit einer provisionsbasierten Beratung Vorlieb nimmt? Zumindest liefert der Autor viel Stoff für Diskussionen und zeigt, in welche Richtung sich die Branche bewegen soll. Lesenswert!

© Reto Spring
Dipl. Finanzplanungsexperte NDS HF, CFP®
Präsident Finanzplaner Verband Schweiz, Zürich

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