Zum Autor Dr. Rudi Westendorp

Der niederländische Geriater Rudi Westendorp (Jg. 59) ist Arzt und Professor an der Uni Leiden und forscht seit Jahrzehnten zum Thema „Vitalität und Altern“. Er empfiehlt, unseren Lebenslauf kreativer zu gestalten und die Fähigkeiten älterer Menschen zu fördern und beschreibt sein Buch als „TomTom für das Extra an Lebenszeit“. Wer es liest, wird sich jünger fühlen, bzw. auf das neue Alter freuen – sein Buch erreichte in Holland innert 8 Monaten 10 Auflagen…

Buchkritik und Zusammenfassung

Er vermittelt gut strukturiert und mit dem Spektrum eines Universalgelehrten, was die Medizingeschichte wie auch aktuelle Forschung zum Thema Altern hergibt. Das Buch ist mit Herzblut und einem Schuss Selbstironie geschrieben und führt einem zu spannenden Einsichten wie „Die Lebenserwartung der Menschen wurde genauso wie die Innovationskraft immer wieder unterschätzt“ oder „Von allen 65-Jährigen, die je auf Erden gelebt haben, lebt die Hälfte HEUTE unter uns“.

Jede Woche bekommen wir ein Wochenende Lebenszeit hinzu (2-3 Jahre pro Dezennium). Somit ist der Mensch, der einmal 135 jährig wird, heute schon geboren. Es mag zwar irritieren, dass wir immer älter werden, aber in der DNA ist kein maximales Alter festgelegt.

Dass die Gehgeschwindigkeit eine aussagekräftige Richtgrösse über die Lebenszeit sei, lernen wir nebenbei…und ertappen uns beim Gedanken, ob Beraterbüros umgerüstet werden sollen. Nach Darwin war „Fitness“ das Vermögen, der Drang zur Reproduktion, wobei die am besten Angepassten überleben werden. Jenseits der fünfzig, wenn wir unsere „evolutionäre Pflicht“ in der Regel erfüllt haben, könnte unser Körper – vom evolutionären Standpunkt aus gesehen – „weggeworfen werden“: Investitionen in ein längeres Leben gehen auf Kosten der Nachkommenzahl, weist Westendorp nach.

Regenerative Fähigkeiten unseres Körpers sind auf wenige Segmente beschränkt (Haut, Leber, Darm); die Rate-of-Living-Theorie (beschränkte Lebensrate aufgrund von Verschleissprozessen) ist aber widerlegt worden, weil unser Körper responsiv ist: er repariert erlittene Schäden möglichst gut und vermag sich gewissermassen selbst zu heilen.

Was bestimmt nun aber, wie lange wir leben? Langlebigkeit ist teilweise erblich bedingt – gewisse Menschen verfügen zum Beispiel über eine leistungsfähige „Energieversorgung und -Verbrennung“ (sog. Metabolismus), woraus sich weniger Schäden an Blutgefässen und Organen ergeben. Ungefähr ein Drittel sei so den Genen zuzuschreiben (erbliche Prädisposition: Man muss seine Eltern gut auswählen!). Ein Drittel sei der Umgebung anzurechnen, also wie wir unser Leben gestalten. Das letzte Drittel sei dem Zufall, dem Glück zu verdanken.

Die biologischen Systeme von Körper und Gehirn seien primär auf die Fortpflanzung und das Überleben in jungen Jahren ausgerichtet. Die Frage nach dem Sinn der Langlebigkeit, die in der Natur kein Selektionskriterium ist, bleibt noch zu entschlüsseln.

Bemerkenswerte Erkenntnisse: Wer Geld hat, lebt länger. Diese Aussage konnte er durch Feldforschung wissenschaftlich erhärten: Menschen mit dem niedrigsten sozialen Status hatten stets ein doppelt so hohes Sterberisiko wie Menschen mit dem höchsten Status. Geld erhöht die Lebenserwartung: es ermöglicht, in einer feindlichen Umgebung zu überleben. Und: Ein wichtiger Faktor für eine überdurchschnittlich hohe Lebenserwartung sei ein hoher IQ, weil das Gehirn dank Reservekapazitäten mehr Schäden verkraften könne. Eine solide Ausbildung in jungen Jahren „schützt“ somit auch vor Demenz in Alter.

Jenseits der fünfzig ist man bekanntlich anfälliger für Verletzungen. Die „Free Radical Theory“ wird widerlegt und somit auch, dass kein direkter Kausalzusammenhang zwischen der Einnahme von zusätzlichen Vitaminen und einem besseren Gesundheitszustand bestehe. Kalorienrestriktion wirkt sich gemäss Studien zwar positiv auf die Gesundheit aus, aber zur Auswirkung auf die Langlebigkeit lässt sich noch nichts Genaues sagen.

Jeder will alt werden, aber niemand will es sein. Wie schätzen ältere Menschen ihre Gesundheit selber ein? Nach Westendorp, gibt es eine Diskrepanz zwischen dem subjektiven Wohlbefinden und dem von Ärzten diagnostizierten „Krankheitsbild“. Die individuelle Einstellung trägt also stark dazu bei, „mit Elan, Motivation und Energie den körperlichen Abbau zu kompensieren“. Erfolgreich altern heisst, mit den Einschränkungen umgehen und sich flexibel anpassen zu können. Interessanter Aspekt: „Eine Erkrankung im hohen Alter nahm bei Patienten, die in ihren mittleren Jahren eine optimistischere Lebenseinstellung hatten, einen günstigeren Verlauf als bei Patienten, die früher eher pessimistisch waren.“

Westendorp kritisiert, dass viele Menschen manipuliert würden, Alkohol, Zigaretten und Fast Food zu konsumieren. An unseren ungesunden Gewohnheiten und den sich daraus ergebenden Komplikationen würden sich zu viele eine goldene Nase verdienen und niemand trüge die Verantwortung. Ausserdem sei der derzeitige medizinische Apparat an Krankheitsbildern der Vergangenheit orientiert und zu stark spezialisiert, „die vielschichtige Problematik verschiedener gleichzeitig auftretender Krankheiten im hohen Alter ist schliesslich Normalität“. Daher müsse gesamtheitlicher und zurückhaltender behandelt werden, fordert er.

Hinter dem Arzt Westendorp steckt eben auch ein Gesellschaftskritiker und ein verhinderter Historiker – diese Aspekte machen die Lektüre manchmal etwas weitschweifig, aber auch abwechslungsreich und erfrischend.

Was soll man seinem Vater sagen, wenn er siebzig wird? Dafür hat Westendorp ein gutes Rezept, nachzulesen im zweitletzten Kapitel. Nur schon dafür lohnt es sich, das Buch zu kaufen und zu lesen!

© Reto Spring
Dipl. Finanzplanungsexperte NDS HF, CFP®
Präsident Finanzplaner Verband Schweiz, Zürich

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