Zum Autor Dr. Daniel Stelter
Dr. Daniel Stelter (Jg 1964), ein deutscher Ökonom aus Berlin, promovierte an der Uni St. Gallen und arbeitete von 1990 bis 2013 bei der Boston Consulting Group. Seither ist er als Buchautor, Kolumnist und Blogger aktiv und gilt als unabhängige Stimme zu den drängenden finanz- und wirtschaftspolitischen Fragen unserer Zeit. In diesem Buch beschäftigt er sich mit dem Fiat-Geldsystem, der Euro-Problematik und dem weltweiten Schuldenüberhang.
Buchkritik und Zusammenfassung
Rund 90% des Geldes, das wir verwenden, wird vom privaten Bankensystem geschaffen, das Knowhow über die Funktionsweise des Geldsystems liege aber, nach Ansicht von Stelter, eher bei den Notenbanken, dem IWF und der BIZ. Banken verhalten sich prozyklisch – so verleihen zum Beispiel englische Banken vier Mal so viel an unproduktive wie an produktive Sektoren der Wirtschaft. Kreditbasiertes Wachstum erhöht die Anfälligkeit der Wirtschaft für Krisen überproportional. Eigenkapitalanforderungen müssten viel höher sein. Stelter sieht den Schaden durch ein aufgeblasenes Finanzsystem, das die Kosten der Krisenbewältigung der Allgemeinheit aufbürdet und nur die Gewinne privatisiert. Je höher der Anteil des Finanzsektors eines Landes desto geringer die Produktivität des Realsektors. Der Finanzsektor profitiert also von der Verschuldung einer Volkswirtschaft.
Die Einführung des Euros führte zu einer langen Phase geringen Wachstums, hoher Arbeitslosigkeit und stagnierender Löhne. Günstige Urlaube in Südeuropa waren nun vorbei. Gespart wird bei Sozialausgaben und Infrastruktur. Nun kommen noch demographische Effekte dazu. Die ungedeckten Versprechen (künftige Renten im Verhältnis zum BIP) sind viel zu hoch! Der Staat müsste vom Konsum zu Investitionen umsteuern, das ist aber unpopulär. Die alternde Gesellschaft neigt zu Konsum statt zu Investition. Fazit: Wachstum findet woanders statt. Die Rettung der Eurozone wird nicht ohne Verluste funktionieren. Es gibt nur die Varianten Transferunion mit den schwächeren Ländern oder aber eine veränderte Zusammensetzung der Eurozone. Eine transparente Bereinigung der Altlasten sei besser als die unbegrenzte Sozialisierung vergangener und künftiger Schulden über die EZB-Bilanz.
Der Begriff «säkulare Stagnation» geht auf den Ökonomen Alvin Hansen in den 30er-Jahren zurück und wurde vom früheren US-Finanzminister Larry Summers 2013 neu belebt. Danach steht die Welt vor einer Phase des Überangebots mit geringen Investitionen, tiefen Zinsen und Schuldenblasen, d.h. untragbaren Schuldständen. Die Kombination von Deflation und Überschuldung seien wie zwei Krankheiten, die sich gegenseitig verstärken würden. Die Medizin (ökonomischen Lösungsvorschläge wie negative Zinsen, Anreize für Unternehmen zur Förderung von Investitionen und mehr staatliche Ausgaben) wirkt nicht wie gewünscht. Das zeigt er am Beispiel Japans und hinterfragt die Effizienz staatlicher Programme (Berliner Flughafen, Elbphilharmonie). Das Szenario der finanziellen Eiszeit scheint also sehr real. Und es gibt kein Patent-Rezept.
Den Schuldenüberhang beseitigen, das Wachstum stärken und das Finanzsystem nachhaltig reformieren – das kommt dem Ausmisten des Augiasstalles gleich! Welches Szenario eintreten wird, lässt sich nicht sagen – jedenfalls gehe es heute weniger um Spekulation als um Vermögenserhalt. Also Risiken verringern, Kosten senken, Liquidität planen und breit diversifiziert in Sachwerte anlegen.
© Reto Spring
Dipl. Finanzplanungsexperte NDS HF, CFP®
Präsident Finanzplaner Verband Schweiz, Zürich
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