Zum Autor

Gerd Kommer arbeitete als Banker in London und publizierte parallel aufklärerische Bücher zum Thema «Passives Investieren». Vor kurzem hat er sich als Finanzberater in München selbständig gemacht und legt hier ein Buch vor, das sich als Ratgeber für zukünftige Eigenheimbesitzer versteht. Statt den Maklern und Immobilienprofis auf den Leim zu kriechen, so Kommer, lohne es sich, einen Blick auf historische Renditen zu werfen und eine Vollkostenrechnung anzustellen. Dieses Buch hat das Zeug, ein Standardwerk zu werden, denn es zeigt – abseits von Werbeversprechen -, ob sich der Eigenheimkauf rechnet und wie man sich das nötige Knowhow dazu beschaffen kann.

Zusammenfassung

Kommer gefällt sich in der Rolle des «Mythen-Zerstörers»: «Miete zahlen, heisst Geld vernichten»; «Immobilien sind eine ideale Altersvorsorge»; «Lage, Lage, Lage: ist sie top, wird sie immer gefragt sein»; «Garantie steigender Immobilienpreise wegen begrenztem Bauland und Bevölkerungswachstum» oder «Inflationsschutz durch eine sichere und risikoarme Sachwert-Anlage». Solche Glaubenssätze hinterfragt, verifiziert oder falsifiziert er auf Grund evidenzbasierter Daten und wissenschaftlicher Erkenntnisse. Auf über 130 Seiten werden die von der Finanz- und Immo-Branche hochgehaltenen Versprechungen mit der Realität und den Fakten verglichen und neutral beurteilt, das liest sich bisweilen wie ein Krimi! Im letzten Teil des Buches geht er aber auch auf nicht-quantifizierbare und schlecht überprüfbare Argumente ein und denkt darüber nach, wie sich diese Thematik in Zukunft verändern könnte.

Nach Kommer ist das Eigenheim nicht primär ein Investment, sondern eine «Lebensstilentscheidung». Um die reale Rendite eines Eigenheims zu berechnen, untersucht er die Preise aus D, Ö und CH und 14 weiteren Ländern über den Zeitraum von 1970 – 2014. Sinnvollerweise beschränkt er sich aber nicht auf die Wertsteigerung, sondern auf die Gesamtrendite (Wertsteigerung plus eingesparte Miete minus Instandhaltung), und zwar als eigenkapital- und fremdkapitalfinanzierte Variante.

Im Langfristvergleich konnte gezeigt werden, dass eine reale Wertsteigerung von ca. 0,5% pro Jahr erfolgt, was nach 35% Jahren rund 20% kumulativer Rendite entspräche. Von dieser wären dann noch die (nicht unerheblichen) Transaktionskosten und Steuern zu subtrahieren. Bis 1960 konnten für die untersuchten 14 Länder keine realen Wertsteigerungen verzeichnet werden, danach nur solche, die auf den Anstieg der Bodenpreise zurückzuführen waren. Von 1970-2014 verringerte sich der Wert einer Wohnimmobilie in Deutschland um -0,2% p.a. In der Schweiz betrug die Wertsteigerung durchschnittlich 0,9% p.a. und in Norwegen 3,0% p.a. (alle Werte ohne Transaktionskosten). Im Vergleich schnitt der hiesige Markt aber sehr stabil ab und zeigte immerhin im Jahrzehnt von 2005-2014 eine Rendite von 3,2% p.a.

Kommer geht detailliert auf Nebenkosten und Transaktionskosten (für die CH: 4,4%) und die Schwierigkeiten beim Vergleich «Mieten vs. Kaufen» ein. Dabei ist auch die Unterscheidung von «Objektrendite» und «Eigenkapitalrendite» wichtig: Erstere stellt die Gesamtrendite dar, welche die Finanzierungsquelle ausklammert; Letztere berücksichtigt hingegen, wieviel Eigen- und Fremdkapital eingesetzt worden ist. Auf die spezifischen Schweizer Eigenheiten (Eigenmietwert, Bezug von 3a und PK-Geldern) wird nur ansatzweise eingegangen. Das Fazit ist gleichwohl gültig: Hätte ein Mieter statt ins Eigenheim in Kapitalanlagen investiert, wäre er in der Vergangenheit unter dem Strich deutlich besser gefahren. Allerdings führt der Eigenheimerwerb zu einer Art «positivem Zwangssparen», während der Mieter seine Cashflow-Überschüsse eher verkonsumiert. «Der Selbstnutzer hat gespart, der Mieter hat verbraucht», bringt es Kommer auf den Punkt. Als «Inflationsschutz» gibt es ausserdem bessere Mittel als das Eigenheim.

Bezüglich Sicherheit führt er aus, dass eine Marktschwankung rasch zu erheblichen Verlusten auf dem eingesetzten Eigenkapital führt. Ein Preisrückgang von 10% hat bei einer 80%-Finanzierung zur Folge, dass auf dem Eigenkapital eine Einbusse von 50% erfolgt. Folgerichtig schreibt Kommer, dass der Hebel ein nicht zu unterschätzendes Risiko darstellt und die einzige, finanzplanerische Konsequenz lautet: Hypothek zurückzahlen! Auch wenn man in einer solchen Situation nicht an einen Verkauf denkt (weil man nur von einem Buchwertverlust ausgeht), gibt man sich einer Geldillusion hin. Dies kann sich für diejenigen rächen, die mit dem Wertzuwachs ihres Eigenheimes rechnen und es vor allem als Altersvorsorge betrachten. Der gravierendste Nachteil ist, dass es nicht «entspart», also «peu à peu» verbraucht werden kann. Vorteile sieht Kommer neben dem «Spardisziplinierungseffekt» auch noch im Umstand, dass die langfristige Ausrichtung dieses Sparprozesses von Kunden verstanden und eingehalten wird – dies im Gegensatz zum Anlegerverhalten bei Kapitalanlagen, wo rendite-zerstörendes Verhalten (Markettiming, Stockpicking, Gier, Angst etc.) einen Drittel der Rendite auffrisst.

Im Kapitel Steuerfolgen ist der Vergleich der DACH-Staaten zwar spannend, aber die Auflistung der Schweizer Gegebenheiten ungenau: Der Bund erhebt keine Grundstücks-Gewinnsteuer, auf die monistische / dualistische Praxis wird nicht eingegangen und im Falle einer Ersatzbeschaffung «entfällt» sie nicht, sondern wird nur aufgeschoben.

Nicht quantifizierbare Argumente sind beispielsweise der Kündigungsschutz, die grösseren Gestaltungsmöglichkeiten, das höhere Selbstwertgefühl und Sozialprestige, aber auch das höhere Glücks- und Zufriedenheitsgefühl. Die Unflexibilität (Stichworte Jobwechsel oder Scheidung) spricht aber eher zugunsten der Mieter.

Der Autor zeigt anhand schlüssiger Überlegungen, weshalb es sinnvoll ist, die Schuldentilgung dem (zusätzlichen) Vermögensaufbau vorzuziehen: Eingesparte Schuldzinsen sind ökonomisch gesehen Erträge. Diese oft gestellte Frage kann nur bei sehr vermögenden Haushalten und hohen Doppeleinkommen relativiert werden.

Gute Links und Tools, klare Handlungsempfehlungen runden dieses ausgesprochen praktische Fachbuch ab – es lohnt sich für Private, die vor dieser Entscheidung stehen und ist für Berater solcher Haushalte Pflichtlektüre!

© Reto Spring
Dipl. Finanzplanungsexperte NDS HF, CFP®
Präsident Finanzplaner Verband Schweiz, Zürich

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